Dieser Blog-Beitrag von Priv.-Doz. Mag. Dr. Fabio Richlan ist der zweite Teil zum Thema ‚Zielsetzung und Zielerreichung‘. Teil eins ist vor kurzem bereits in unserem Sportblog erschienen.

Ziele setzen, verfolgen und erreichen (Part 2)

Um ein Ziel zu erreichen, musst du dir ein Ziel setzen. Das mag offensichtlich erscheinen. Aber viele Menschen scheitern bereits frühzeitig, ihre Ziele zu erreichen. Warum? Weil sie sich nicht die Zeit nehmen, ihr(e) spezifisches(n) Ziel(e) zu definieren und die dafür notwendigen, konkreten Maßnahmen zur Erreichung zu planen.

In Teil 1 dieser Serie haben wir uns bereits mit verschiedenen Aspekten der Zielsetzung auseinandergesetzt. Wenn du Teil 1 verpasst hast, lies bitte noch mal nach. Die nun folgenden sechs Schritte helfen dir dabei, den Zielsetzungsprozess zu vereinfachen und dich dadurch in Bezug auf die Verfolgung deiner Ziele produktiver und erfolgreicher zu machen!

Schritt 1: Wähle ein (1) vorrangiges Ziel

Wenn man sich ein Ziel setzt, will man oft zu viele Gewohnheiten auf einmal verändern. Du willst zum Beispiel beim Schwimmen, Radfahren und Laufen schneller werden, insgesamt härter und besser trainieren, mehr schlafen, dich gesünder ernähren, mehr Zeit für Freunde und Familien haben, eine Meditationspraxis etablieren, im Beruf brillieren, etc. Und das alles am besten sofort.

Zu viele Ziele gleichzeitig zu verfolgen, führt oft zum Scheitern aller Ziele. Setze dir stattdessen ein vorrangiges Ziel, indem du dich fragst: „Welches ist das eine Ziel, dem ich im Moment und perspektivisch – nämlich, solange ich zur Erreichung brauche – die nötige Zeit und Energie widmen kann und möchte?“

Schritt 2: Verfolge ein hochgestecktes Ziel

Das von dir gewählte Ziel sollte ehrgeizig sein. Einfache Ziele führen nicht zu einem ausreichenden Maß an neuronaler Erregung und Stress, um echtes Wachstum und Lernen anzuregen. Ja, richtig gelesen, Stress kann dir dabei helfen, dein Ziel zu erreichen, weil er dich aktivieren und damit positiv zu deiner Leistungsbereitschaft beitragen kann.

Davon abgesehen, wenn du dir ein zu niedriges Ziel setzt, erreichst du nicht viel. Setze dir daher ein hochgestecktes Ziel, das eine echte Herausforderung für dich darstellt. Selbst wenn du das hochgesteckte Ziel nicht erreichst – dieses Risiko solltest du definitiv eingehen – wirst du auf dem Weg dorthin mehr über dich lernen und herausfinden, wer du wirklich bist.

Schritt 3: Definiere konkrete Maßnahmen

Übergreifende Ziele wie „fit werden“, „mehr laufen“, oder „Lebensstil-Gewohnheiten verbessern“ sind hilfreich, um sie während des anfänglichen Brainstormings aufzulisten. Anschließend musst du dir die konkreten Maßnahmen überlegen, deren Durchführung zur Erreichung jedes dieser „Makro“-Ziele erforderlich ist.

Zerlege dein gewünschtes Ergebnis in konkrete Handlungsschritte, um die Wahrscheinlichkeit, dass du dein Ziel erreichst, deutlich zu erhöhen. Das können wöchentliche oder sogar tägliche „Mikro“-Ziele sein, z. B. dreimal pro Woche für jeweils mindestens 45 Minuten laufen oder jeden Tag 10 Minuten der Dehnung und Mobilisierung deiner beanspruchten Laufmuskulatur zu verwenden.

Schritt 4: Mache dein Ziel messbar

Lege einen begrenzten Zeitraum fest, in dem du dein Ziel erreichen willst. Wenn du dir nicht sicher bist, welchen Zeitrahmen du wählen sollst, dann nimm 12 Wochen. Dieser Zeitraum hat sich in der Vergangenheit in Bezug auf verschiedene sportliche und nicht-sportliche Leistungsziele gut bewährt.

Einerseits ist er lange genug, um echte, signifikante Fortschritte zu erzielen und andererseits ist er kurz genug, um noch überschaubar und gut planbar zu sein. Definiere innerhalb dieses vierteljährlichen Zeitrahmens:

  1. Gesamtstundenzahl pro Woche.
  2. Bestimmte Tage.
  3. Dauer der einzelnen zielgerichteten Einheiten.
  4. Ein bestimmtes Zeitfenster (z. B. von 8 bis 9 Uhr) oder eine zeitliche Begrenzung (z. B. vor 9 Uhr) für die zielgerichtete Einheit.

 

Schritt 5: Quantifiziere dein Ziel

Manche Ziele lassen sich leicht objektiv quantifizieren, d. h. in Zahlen abbilden, z. B. einen Marathon in weniger als einer bestimmten Zeit zu laufen. Andere sind eher schwer objektiv zu erfassen, z. B. die Schwimmtechnik zu verbessern oder im Alltag gelassener zu sein. Sei bei subjektiv definierten Zielen besonders vorsichtig und reflektiert. Hier kommt es auf deine ehrliche Selbsteinschätzung an!

Du willst dich doch nicht selbst für dumm verkaufen, oder?

Skizziere die spezifischen, notwendigen Aktionen für deinen Plan. Bei jeder Art von Ziel kann es ebenso hilfreich sein, kleinere (Teil-) Ziele im Laufe der 12-Wochen-Reise festzulegen. Wie in Schritt 3 erklärt, können das monatliche, wöchentliche, oder sogar (kleine) tägliche Ziele sein. So kannst du deinen Fortschritt messbar machen und stetig überwachen.

Dadurch bleibst du motiviert, kannst bei Problemen frühzeitig eingreifen, oder – wenn es gut läuft – dein Ziel sogar früher als ursprünglich geplant erreichen.

Schritt 6: Erzähle es NICHT der ganzen Welt

Hast du schon einmal ein Ziel in Angriff genommen und wolltest diese Nachricht per Gruppentext oder in den sozialen Medien verbreiten? Leider kann eine positive Rückmeldung über ein neu gesetztes Ziel deinen Erfolg untergraben. Diese positive Ermutigung zu Beginn deiner Reise kann bereits ausreichen, um die Belohnungsmechanismen deines Gehirns aktivieren.

Dadurch sinkt deine Motivation, das Ziel zu verfolgen noch bevor du überhaupt den ersten Schritt gemacht hast. Du hast die Belohnung bereits ohne die harte Arbeit erhalten. Wenn du also ein Ziel in Angriff nimmst, ist es normalerweise am besten, dieses Vorhaben für sich zu behalten (Ausnahme: du brauchst den sozialen Druck und die Furcht vor Misserfolg, um in die Gänge zu kommen).

Davon abgesehen macht es mehr Spaß, sich mit Freunden und Familie auszutauschen, wenn man das erste Etappenziel erreicht hat!

Fabio Richlan ist Sportpsychologe, Mental Performance Coach & Neurowissenschaftler und der Kopf hinter ‚Mental Performance Pro‘.