Ziele setzen, verfolgen und erreichen (Part 3)
Ziele setzen? Schön und gut!
Ziele erreichen? Noch besser!
In Teil 1 dieser Serie haben wir uns bereits mit verschiedenen Aspekten der Zielsetzung beschäftigt. In Teil 2 haben wir sechs Schritte vorgestellt, um deinen Zielsetzungsprozess weiter zu optimieren. Wenn du Teil 1 oder Teil 2 verpasst hast, lies bitte noch einmal nach.
Die nun folgenden sechs Werkzeuge helfen dir dabei, in der Zielverfolgung motiviert zu bleiben und deine Ziele letztendlich zu erreichen. Sie funktionieren jedoch nur, wenn du deine Ziele bereits klar definiert und die erforderlichen Schritte (siehe Teil 1 und 2) festgelegt hast.
Werkzeug 1: Der dynamische Zettel
Der klassische Zettel am Badezimmerspiegel, auf dem dein Ziel (bzw. deine Schritte zur Erreichung) steht, mag am Anfang motivierend sein, aber nach ein paar Tagen wirst du diese visuelle Erinnerung wahrscheinlich nicht mehr besonders wahrnehmen. Das Gehirn überwacht alles Neue in unserer Umgebung, aber es lenkt unsere Aufmerksamkeit nicht auf die alltäglichen, bereits vertrauten Dinge. Eine statische visuelle Erinnerung wird daher immer schwächer werden und keine nachhaltige Veränderung auslösen.
Schreibe stattdessen alle paar Tage einen NEUEN Zettel und hänge ihn an einem anderen Ort auf. Dadurch machst du dir dein Ziel bzw. deine Schritte zur Erreichung – im wahrsten Sinne – immer wieder präsent.
Es gibt eine Ausnahme: Wenn dein Ziel mit einem bestimmten Ort (und nur mit diesem) zusammenhängt, dann kannst du den Zettel auch dortbehalten, z. B. „NEIN!“ auf der Schublade mit den Süßigkeiten. 😉
Werkzeug 2: Visualisiere das Ende und stelle dir vor, wie ein Scheitern aussieht
Ja, richtig gelesen: Scheitern.
Wenn du dich vor einer Trainingseinheit motiviert fühlst, nimm dir ein bis drei Minuten Zeit, um dir die positiven Folgen der Erreichung deines Ziels vorzustellen. Tue dies, um die Motivation während der Einheit aufrechtzuerhalten.
An unmotivierten Tagen hingegen verbringe ein bis drei Minuten damit, dir den Misserfolg vorzustellen – wenn du dein Ziel NICHT erreichst. Das heißt, du stellst dir das negative Ergebnis vor. Menschen arbeiten üblicherweise sehr hart, um Gefühle des Scheiterns zu vermeiden. Diese Visualisierungsübung konzentriert sich auf das Gefühl des Scheiterns. Dadurch werden neurochemische Stoffe wie Adrenalin ausgeschüttet, die dein physiologisches Aktivierungsniveau und deinen Fokus steigern.
Darüber hinaus kannst du durch die Visualisierung des Scheiterns eventuell bereits vorab wahrscheinliche Gründe für den Misserfolg identifizieren – und diese in der Zielverfolgung berücksichtigen. Diese vorausschauende Rückschau nennt man auch „Prä-Mortem-Analyse“.
Werkzeug 3: Visuelle Ziele
Die Aufrechterhaltung der mentalen Konzentration ist stark im visuellen System verankert. Verwende daher eine visuelle Zielstrategie für dein Blickverhalten während des Trainings. Verenge den „Fokus“ deiner visuellen Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Objekt oder einen Punkt vor dir. Behalte diesen Punkt 30-90 Sekunden lang im Blick. Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass diese Übung die Wachsamkeit und die autonome Erregung in Gehirn und Körper erhöht. Außerdem hilft sie dabei, deine Motivation aufzubauen und aufrechtzuerhalten.
Ein zusätzlicher Tipp: Entspanne deinen Blick und schaue zum Horizont, wenn du deine Einheit beendet hast. Dadurch wird die Freisetzung von Botenstoffen, die mit Wachsamkeit und Erregung in Verbindung stehen, gestoppt und die Entspannung gefördert. Kombiniere dies mit einer bewussten Atementspannung (z.B. kontrolliertes, langsames Ausatmen), um deinen Übergang zur Regenerationsphase bestmöglich einzuleiten. Dadurch wirst du dich besser erholen und motivierter in deine nächste Trainingseinheit starten.
Werkzeug 4: Verzichte auf dein Smartphone
Lege dein Smartphone während des Trainings außer Reichweite oder schalte den Flugmodus ein. Trainingszeit ist zum Trainieren da und nicht zum Telefonieren, Nachrichtenlesen, Schreiben, Fotografieren, Posten, etc.
Das gilt auch schon für die Zeit VOR dem Training: Obwohl die genauen Mechanismen noch unklar sind, zeigen immer mehr wissenschaftliche Studien einen negativen Einfluss von Smartphone-Nutzung vor dem Training auf die Leistung während des Trainings: Schlechteres Entscheidungsverhalten im Fußball, weniger Zuwächse im Krafttraining und reduzierter Trainingsfortschritt im Ausdauerbereich sind nur einige wenige Beispiele.
Sowohl der Wechsel zwischen verschiedenen Tätigkeiten bzw. Aufmerksamkeitsausrichtungen als auch das Verzögern von Einheiten können deine Trainingszeit aufzehren. Und Zeit ist die wertvollste Ressource, die wir besitzen, denn sie kommt nie wieder zurück.
Von Aufgabenwechsel spricht man, wenn du zwischen den Übungen auf dein Smartphone schaust. Prokrastinieren bedeutet, dass du kurz vor Beginn der Arbeit auf dein Smartphone schaust und den Start somit aufschiebst bzw. länger brauchst, um dich auf das Wesentliche zu fokussieren.
Werkzeug 5: Zufällige intermittierende Belohnungen
Motivation hängt stark mit der Ausschüttung des Neurotransmitters Dopamin zusammen. Vereinfacht gesagt, wenn man ständig Belohnungen erhält, nimmt die Wirkung der Belohnung ab und die Gesamtmotivation sinkt. Wenn man sich dagegen kasteit und erst bei der Erreichung eines langfristigen Ziels belohnt, sinkt die Motivation ebenfalls.
Wie lautet die Lösung? Verwende zufällige, intermittierende Belohnungen (wie bei einem Glücksspiel), um die Motivation aufrechtzuerhalten und der nächsten Dopaminausschüttung hinterherzujagen. Wirf nach der Arbeit an deinem Ziel eine Münze: Kopf = Belohnung, Zahl = keine Belohnung.
Versuche an einem Belohnungstag, positive Selbstgespräche zu führen. Mache das 30-90 Sekunden lang, um die neuronalen Schaltkreise zu stärken, die mit deiner inneren Motivation und deinem tieferen Antrieb verbunden sind. Gönne dir von Zeit zu Zeit eine körperliche Belohnung wie eine Massage oder ein entspannendes Bad. Du kannst auch herrlich „unproduktiv“ sein, indem du dir z. B. einen Film ansiehst oder etwas isst, nur weil es dir schmeckt.
Werkzeug 6: Das Problem der Mitte
Menschen sind in der Regel hoch motiviert, wenn sie ein selbst gestecktes und attraktives Ziel beginnen und beenden. Am Anfang geht alles noch leicht von der Hand und sobald die Ziellinie in Sicht ist, werden zusätzliche Kraftreserven frei. Aber in der Mitte erreicht die Motivation oft ihren Tiefpunkt.
So überwindest du das Problem mit der Mitte:
- Erkenne an, dass dies ein erwartbares, häufiges und ganz normales Phänomen ist, das viele Menschen betrifft. Dieses Wissen ändert noch nichts an der Tatsache an sich, aber vielleicht an deinem Umgang damit.
- Verwende „Time Chunking“, um den schwierigen, mittleren Teil in 3-4 kleinere, übersichtlichere und somit besser handhabbare Zeitabschnitte aufzuteilen. Diese kannst du dann Stück für Stück der Reihe nach abarbeiten.
Viel Erfolg mit diesen Impulsen zur Zielerreichung!
Wir hoffen, dass dir diese dreiteilige Serie gefallen hat, und freuen uns auf dein Feedback!
Fabio Richlan ist Sportpsychologe, Mental Performance Coach & Neurowissenschaftler und der Kopf hinter ‚Mental Performance Pro‘.