„The Norwegian Method“ – Erfolgsprinzipien für Läufer, Radfahrer & Triathleten
Das Norwegische Trainingsmodell im Ausdauersport gilt weltweit als Erfolgsrezept für Spitzenleistungen. Ob im Skilanglauf, Biathlon, Triathlon oder Marathon – Athletinnen aus Norwegen dominieren seit Jahren die Weltspitze. Eine aktuelle Studie (Tønnessen et al., 2024) beschreibt detailliert, wie dieses Modell aufgebaut ist. Mehr Infos findest du in der Originalpublikation bei Springer.
Kernaussage 1: Die Basis im Norwegischen Trainingsmodell
Das Fundament des norwegischen Trainingsmodells ist Low Intensity Training (LIT). Zwischen 80 und 90 Prozent des gesamten Trainingsvolumens finden in diesem Bereich statt. Diese Einheiten dauern – abhängig von der Sportart – zwischen 30 Minuten (z. B. Schwimmen) und bis zu 7 Stunden (z. B. Radfahren oder Skilanglauf).
Warum so viel „locker“?
- LIT verbessert die aerobe Kapazität und trainiert die Fähigkeit, Fette effizient als Energiequelle zu nutzen.
- Es ermöglicht, hohe Umfänge zu absolvieren, ohne dass die Belastung zu groß wird.
- Es beugt Verletzungen vor, insbesondere in Sportarten mit hoher Stoßbelastung wie dem Laufen.
Viele Freizeitsportler trainieren zu oft im sogenannten „grauen Bereich“: nicht locker genug, um regenerativ zu wirken, aber auch nicht intensiv genug, um klare Reize zu setzen. Das norwegische Trainingsmodell zeigt, dass klare Kontraste zwischen locker und intensiv entscheidend für Fortschritt sind.
Kernaussage 2: Intensität mit System (MIT & HIT)
Neben den vielen lockeren Einheiten gibt es gezielt eingesetzte intensive Trainingseinheiten: Moderate Intensity Training (MIT) und High Intensity Training (HIT).
- MIT macht etwa 10–15 % des Trainingsvolumens aus. Meist werden Intervalle von 5 bis 20 Minuten Dauer durchgeführt. Der Fokus liegt auf Kontrolle: nicht All-out, sondern bewusst etwas unter der Maximalbelastung bleiben.
- HIT umfasst nur 5–10 % des Trainings. Es wird in Form kurzer, hochintensiver Intervalle oder durch Wettkämpfe absolviert. Typisch sind Belastungen von 1 bis 7 Minuten, die stark fordern, aber selten vollständig erschöpfen.
Ein zentrales Prinzip lautet: Reps in Reserve. Das bedeutet, dass selbst bei intensiven Einheiten immer etwas Kraft übrigbleibt. So kann die Qualität der Trainingstage hochgehalten werden – anstelle eines kurzfristigen „Alles-oder-nichts-Ansatzes“.
Kernaussage 3: Cross-Training und Technik
Norwegische Athleten setzen häufig auf Cross-Training, also alternative Bewegungsformen. So nutzen beispielsweise Biathleten oder Skilangläufer Radfahren oder Laufen, um Umfang zu sammeln, ohne das Bewegungssystem zu einseitig zu belasten. Auch Ruderer und Schwimmer kombinieren ihre Hauptsportart mit anderen Disziplinen.
Zusätzlich spielt die Technik eine große Rolle. Viele LIT-Einheiten dienen nicht nur der Ausdauer, sondern auch der Verbesserung von Bewegungsabläufen. Gerade in Sportarten wie Skilanglauf, Schwimmen oder Rudern entscheidet Technik über Effizienz – und damit über die Leistungsfähigkeit im Wettkampf.
Kernaussage 4: Wettkämpfe als Trainingsbaustein
Interessant ist, dass Wettkämpfe im norwegischen Modell bewusst als Trainingsform genutzt werden. Besonders im Radfahren oder Skilanglauf machen Rennen einen großen Anteil der hochintensiven Belastungen aus. Dadurch entstehen praxisnahe, spezifische Reize, ohne dass zusätzliche „All-out“-Trainings erforderlich sind.
Kernaussage 5: Qualität vor Quantität bei Intervallen
Die Studie zeigt: Intervalltrainings sind in Norwegen häufig voluminöser, progressiver und kontrollierter als in vielen klassischen Trainingsplänen. Statt kurzer Maximalintervalle mit langer Pause setzen die Coaches auf längere Abschnitte, die kontrolliert gesteigert werden. Das Ziel ist nicht, den Athleten an seine absolute Grenze zu bringen, sondern über Wochen und Monate eine gleichbleibend hohe Qualität sicherzustellen.
Sportartspezifische Unterschiede
Trotz gemeinsamer Prinzipien gibt es Unterschiede:
- Laufen: kürzere LIT-Einheiten wegen der hohen Stoßbelastung, oft auf weichem Untergrund. Intensität meist über Bahnintervalle.
- Radfahren: sehr lange LIT-Einheiten (3–6 Stunden). Wettkämpfe übernehmen einen großen Teil des intensiven Trainings.
- Triathlon: Kombination von Disziplinen, sogenannte „Brick-Workouts“ (z. B. Radfahren direkt gefolgt von Laufen).
- Skilanglauf und Biathlon: hohe Technik-Anforderungen und Geländevariabilität machen LIT oft „stochastisch“, also mit wechselnder Belastung.
- Schwimmen: sehr hoher Gesamtumfang mit vielen Intervallen, da die Belastung durch das Medium Wasser geringer ist als bei Landdisziplinen.
Fazit
Das Norwegische Trainingsmodell Ausdauersport ist klar strukturiert: viel lockeres Training, gezielt gesetzte Intensität und konsequenter Hard–Easy-Rhythmus. Für Hobbysportler bedeutet das: Struktur statt Chaos, Qualität vor Quantität.
Um das norwegische Trainingsmodell im Ausdauersport optimal für dich umzusetzen, brauchst du deine individuellen Trainingszonen. Nur so weißt du, wann du wirklich locker trainierst und wann du in den richtigen Intensitätsbereich gehst.
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Quelle:
Tønnessen E., Sandbakk Ø., Bucher Sandbakk S., Seiler S., Haugen T. (2024). Training Session Models in Endurance Sports: A Norwegian Perspective on Best Practice Recommendations. Sports Medicine 54:2935–2953. DOI: 10.1007/s40279-024-02067-4.